Mobilitätspaket zum Scheitern verurteilt
Mittlerweile sind in Brüssel noch so viele Unklarheiten in den bisherigen Positionen der Trilog-Unterhändler, dass es wahrlich nicht reicht, an drei Tagen zur Kaffeezeit die bislang mühsam erarbeiteten Kompromisse einfach gegenseitig abzunicken, um endlich zu einem Ergebnis zu kommen. Es müssten endlich Pragmatiker aus der Wirtschaft mit an den Verhandlungstisch, um das offensichtlich drohende makroökonomische Desaster, für das die Brüsseler Politik am Ende keine Verantwortung übernehmen wird, doch noch zu verhindern – und trotzdem einen faireren Wettbewerb zu gestalten.
Die einfachste Lösung wären dazu festgelegte Mindestraten bei den Frachtpreisen. Die hat die EU vor vielen Jahren für den freien Binnenmarkt gekippt. Durch eine inkonsequente Kosmetik über die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards der Fahrer allein wird es keine Lösung geben.
Das Mobilitätspaket in dieser Form ist zum Scheitern verurteilt. Das wird leider erst klar, wenn es greift.
von Jan Bergrath
Am 3. Oktober begannen in Brüssel die Verhandlungen zum Mobilitätspaket. Es geht darum, den Wettbewerb im internationalen Güterverkehr fairer zu machen und die Fahrer vor allem aus Osteuropa sozial besser zu stellen. Doch ausgerechnet bei der Rückkehrpflicht der Lkw alle vier Wochen droht der Schuss nach hinten loszugehen. Vor allem im Kombinierten Verkehr.
Ich schreibe nun seit über fünf Jahren immer wieder über die Folgen des sogenannten Sozialdumpings, das sich seit 2004, als die Europäische Union den Binnenmarkt in Richtung Osten erstmals erweiterte, schleichend wie ein Krebsgeschwür ausgebreitet hat. In einer sehr langen Fassung im letzten Jahr sogar für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung. Mein Beitrag hieß: „Wenn möglich, bitte wenden“. Die Schwierigkeiten und Notwendigkeiten, die Arbeitsbedingungen und Entlohnung von europäischen Lkw-Fahrern neu zu regeln.
Mein Fazit: dieses jahrelange Wachstum wurde viel zu lange geduldet. Mittlerweile sind die osteuropäischen Flotten ein fester Bestandteil der europäischen und besonders auch der deutschen Logistik geworden. Zu einem mutmaßlich hohen Prozentteil wahrscheinlich illegal, jedenfalls was das Thema Kabotage betrifft. Und sozial zu einem hohen Preis.
Lkw-Kapazitäten im Kombinierten Verkehr massiv gefährdet
Ich will das am krassesten Beispiel aufzeigen: dem Kombinierten Verkehr, dem auf der NUFAM Karlsruhe von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ein besonders großes Potential für die „grüne Logistik“ zugeschrieben wurde.
Auch wenn es kaum nachvollziehbar ist, dass ein deutscher Verband mit seinen dafür extra beauftragten Honorarprofessoren einem österreichischen Logistiker einen Nachhaltigkeitspreis für seinen Einsatz im Kombinierten Verkehr unter der Prämisse gibt, dass die Fahrer, so wörtlich, „jeden Abend zu Hause sind.“ Das Gegenteil ist der Fall, wie ich es am Beispiel Herne bereits beschrieben habe. Bis zu zwei Monate harren dort etwa mazedonische Fahrer auf bulgarischen Lkw aus und machen den Vor- und Nachlauf für den westeuropäischen Auftraggeber zum Teil um bis zu 50 Prozent billiger.
Nicht anders sieht es in den Binnenhäfen wie im Logport Duisburg aus. Diese Sattelzugmaschinen, wie sie hier oben im Bild zu sehen sind, stehen jedes Wochenende brav aufgereiht dort. Bislang tauschen ihre Inhaber, die Frachtführer aus Bulgarien und Rumänien, nur die Fahrer aus. Kleinbusse haben derzeit für diese unzähligen Ost-West-Transfers Konjunktur.
Fortsetzung folgt...