Skandal um Privatflug im Ambulanz-Jet beim ADAC Die Skandalmeldungen über den ADAC reißen nicht ab: Ein Ambulanz-Jet wurde von einem ADAC-Manager privat genutzt. Während die Politik harte Kritik übt, lehnt Präsident Meyer einen Rücktritt ab.
Auch eine Woche nachdem der ADAC Manipulationen beim Automobilpreis Gelber Engel einräumen musste, reißen neue Skandalmeldungen nicht ab. Wie jetzt bekannt wurde, flog vor zwei Jahren ein Familienmitglied eines führenden ADAC-Managers zu privaten Zwecken in einem Ambulanz-Jet mit. Vereinspräsident Peter Meyer bestätigte gegenüber der "Bild am Sonntag" den Fall. Der Automobilclub habe "personelle Konsequenzen" gezogen, betonte Meyer.
Der ADAC unterhält die größte Flotte an Rettungshubschraubern in Deutschland. Betrieben werden sie von einer gemeinnützigen Gesellschaft, die unter anderem mit Spenden sowie Beiträgen der Krankenkassen finanziert wird. Sollte sich erweisen, dass der ADAC den Rettungsdienst beeinträchtigte, wäre das ein schwerer Vorwurf.
Längst ist rund um die Nutzung der Luftrettung durch den ADAC eine öffentliche Diskussion entbrannt. Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Vereinspräsident Meyer bei mehreren Gelegenheiten einen Hubschrauber der ADAC-Luftrettung für Dienstreisen verwendete. Meyer betonte, es habe sich dabei um Einzelfälle gehandelt, in denen der ADAC stets die Kosten übernahm. Zudem seien nur Reserve-Hubschrauber genutzt worden.
"Alle Karten müssen auf den Tisch"
Öffentlich wird harte Kritik an diesen Flügen geübt. Es könne "nicht sein, dass millionenteure, mit öffentlichen Kassenmitteln finanzierte Fluggeräte privat zweckentfremdet werden", erklärte der Vorsitzende des Bundestagsgesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) gegenüber der "Bild"-Zeitung.
Eine Sprecherin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sagte: "Wir zahlen dafür, dass kranke Menschen transportiert werden." Die Barmer GEK, die ebenfalls Kosten an den ADAC erstattet, will im Zweifel bereits gezahlte Gelder zurückfordern.
Die Politik fordert den ADAC zu mehr Transparenz auf. "Alle Karten müssen auf den Tisch", verlangte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Focus". Bei dem Automobilclub habe sich "offenbar an einigen Stellen eine Tendenz zur Abgehobenheit und vielleicht sogar zur Selbstüberhöhung eingeschlichen". Er warnte davor, dass "Macht, die nicht wirksam kontrolliert wird, früher oder später aus den Fugen gerät".
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) übte harte Kritik am ADAC. Gegenüber der "Bild am Sonntag" sagte er, Verantwortung, Kontrolle und Transparenz müssten "jetzt die Stichworte sein". Der ADAC habe sich durch die Affäre selbst einen schweren Schaden zugefügt.
Es geht um viel Geld
Ein Verlust der politischen Rückendeckung könnte für den ADAC schwerwiegende Konsequenzen haben. Immerhin wird immer lebendiger darüber diskutiert, dem ADAC den Vereinsstatus zu entziehen. Das Münchner Registergericht überprüft derzeit den Fall. Bayerns Ministerpräsident Seehofer erklärte ebenso, dass über die Frage noch zu reden sei.
Es geht dabei um viel Geld. So werden derzeit die Beiträge für die Basismitgliedschaft im ADAC nur zu zehn Prozent versteuert. Der Rest bleibt hingegen steuerfrei. Einzelne Stimmen in der Politik fordern bereits, diesen Steuersatz zu überprüfen. Damit würde ein erheblicher Wettbewerbsvorteil des ADAC gegenüber Versicherern wegfallen. "Das System ADAC muss genauer unter die Lupe genommen werden", sagte der SPD-Finanzpolitiker Lothar Binding dem "Tagesspiegel".
Der Skandal hat längst auch die Münchner Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Die Ermittler prüfen, ob ein Anfangsverdacht auf eine Straftat bei der Manipulation der Abstimmung bei der Wahl zum Gelben Engel vorliegt. Auch die zweifelhaften Hubschrauberflüge des ADAC-Präsidiums werden von der Staatsanwaltschaft geprüft. Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft allerdings nicht eingeleitet.
Meyer lehnt Rücktritt ab
Einen Rücktritt, wie ihn teilweise aufgebrachte ADAC-Mitglieder in Internetforen fordern, lehnt Meyer weiterhin ab. "Als Präsident wurde ich im letzten Jahr mit großer Mehrheit bis 2017 wiedergewählt", sagte er. "Ich stehe zu meiner Verantwortung und werde die Vorkommnisse umfassend aufklären, damit das Vertrauen in den ADAC schnellstmöglich wiederhergestellt werden kann."
Der Vereinspräsident sagte Reformen zu. "Ich nehme die Vorwürfe der letzten Tage sehr ernst", erklärte er. So werde er im Präsidium darüber diskutieren, ob man die Nutzung der Rettungshubschrauber zu anderen Zwecken als der Luftrettung in Zukunft unterbinde.
"Wir werden künftig transparenter agieren und die Mitglieder stärker einbinden", erklärte Meyer. Er zeigte sich überzeugt, dass der ADAC "gestärkt und geläutert aus der jetzigen Situation" hervorgehe.